Haltungstipps

Erfahrungsbericht von Astrid Masson, Domäne Dahlem
Auf der Suche nach einer tiergerechten Schweinehaltung haben wir uns auf der Domäne Dahlem in Berlin an der Wildform unserer domestizierten Nutztiere orientiert.

Unsere Hausschweine in Europa stammen von mindestens 3 Unterarten des eurasischen Wildschweins (Sus Scrofa) ab.

Wildschweine leben in Rotten und verbringen einen Großteil des Tages mit Futtersuche, u.A. durch Wühlen im Boden nach vorher erschnupperten Pflanzen, Insekten, Pilzen oder Teilen davon. Sie koten und urinieren nicht an ihren Schlaf- oder Futterplätzen, denn sie haben eine so feine Nase, dass sie damit z.B. Trüffel im Boden orten können. Für die Geburt und die ersten Tage danach ziehen sie sich zwar zurück, doch schon bald nehmen sie wieder Kontakt zum Rest der Herde auf. Auch die männlichen Tiere leben meistens in Gruppen. Wenn es warm ist, halten sie sich tagsüber gern im Schatten auf und nutzen die Möglichkeit einer Suhle zu Abkühlung und auch als Schutz gegen Ektoparasiten.

Die Freilandhaltung kann viele dieser Bedürfnisse erfüllen und deshalb sowohl für kleine Hobbyhalter als auch für größere Betriebe eine gute und pro Sauen- oder Mastplatz kostengünstige Möglichkeit sein, Ferkel zu erzeugen oder auch Mastschweine zu mästen.

Standortvoraussetzungen:
Zu schwere Böden sind eine eher schlechte Vorraussetzung, weil sie sehr zur Verschlammung neigen, was wiederum für bestimmte Endoparasiten gute Existenzvoraussetzungen sind.

Bevor man über Schweinfreilandhaltung konkreter nachdenkt, sollte man Kontakt zu seinem zuständigen Veterinäramt aufnehmen. Einerseits bedarf der Betrieb einer Freilandhaltung der Genehmigung durch die zuständige Behörde, andererseits muss die Schweinehygieneverordnung beachtet werden, welche bis zu einem gewissen Grad Auslegungssache des zuständigen Veterinäramtes ist. Kern derselben in Bezug auf die Freilandhaltung ist der Schutz vor verschiedenen Seuchen, insbesondere der Schweinepest, welche durch Wildschweine übertragen werden kann. Deshalb ist eine wildschweinsichere Einzäunung der Freilandschweine vorgeschrieben. Ein Außenzaun von mindestens 2 m mit Wühlschutz im Boden, sowie ein mindestens 2 m entfernter Innenzaun sind Vorschrift.

Einzäunung:
Ein Elektrozaun ist bei täglicher Kontrolle der sicherste und preiswerteste Innenzaun für Schweine. Zwei Litzen in Höhe von 10 cm und 25 cm (bei Sauen auch größer) reichen aus, wenn er immer (!) mindestens 6000 V führt. Weil Schweine begeisterte Wühler sind, können schnell ein paar kg Erde auf der Litze den Strom ableiten. Da die Schweine selbst täglich den Zaun prüfen, sollte man sich angewöhnen beim Füttern einen Stromprüfer mitzuführen und auch täglich anzuwenden. Mit Solarpanelen kann man auch in abgelegenen Gegenden zumindest im Sommerhalbjahr die 12 V Batterien ständig nachladen. Ein Laderegler zur Vermeidung von Tiefentladung ist in jedem Fall zu empfehlen, in neueren Geräten auch oft schon enthalten.

Hütte:
Verschiedene Anbieter, vor allem auch englische, verkaufen Hütten aus Metall, isoliert für Ferkel und ferkelführende Sauen, ohne Isolierung für alle Anderen.

Wir haben auch Eigenbauspitzhütten aus Holz, 2 x 3 m und 2 m hoch. Der Eingang an der kurzen Seite sollte im Winter mit üblichen Plastikvorhängen gegen Wind schützen, eine Vorrichtung zum Hochhängen derselben im Sommer ist nützlich. Um diese Hütten mit dem Frontlader und einer Palettengabel transportieren zu können, haben wir auf einer Seite einen Längsschlitz angebracht und auf der Anderen lässt sich etwa ein Viertel der Seitenwand der Hütte hochklappen. Mit einer Kette kann man diese Klappe als Sonnenschutz mit Gefälle von der Hütte weg hochhängen.

Einstreu:
Insbesondere in kalter, nasser Jahreszeit und vor dem Abferkeln bis zum Ferkelalter von ca. 10 Wochen sollten die Hütten sehr üppig mit Stroh eingestreut werden. Sie können vor Einzug der tragenden Sau gerne bis oben hin mit losem Stroh gefüllt sein.

Bei sehr warmem Wetter kühlt die Erde in der uneingestreuten Hütte ab und Schweine mit einem Alter von über 10 Wochen ziehen dies dann vor.

Futter:
Wenn man sein Futter selbst herstellt und keine Pellets füttert, benötigt man Tröge, die sich leicht reinigen lassen und an welchen alle Tiere gleichzeitig fressen können. Aus Holz, Metall oder Plastik haben sich Tröge bewährt, die nicht breiter als 25 cm sind. Dann kann von beiden Seiten daran gefressen werden und dennoch ist die Versuchung während des Fressens durch den Trog zu laufen nicht so groß. Für ca. 6 Mastschweine reicht ein 1 m langer Trog aus (sie sind ja beidseitig nutzbar). Viel längere Tröge sind nicht zu empfehlen, wenn sie im Winter festfrieren werden sie unhandlich.

Wasser:
An den Hütten kann man Plastik- oder Metalltröge für Wasser befestigen. Will man nicht täglich Wasser bringen, ist es auch möglich mit stabilen Schwimmertränken für Kühe oder Pferde zu arbeiten, welche bei mangelndem Wasseranschluss per Gartenschlauch oder PE-Rohr aus einem Wassertank/ Wasserwagen bedient werden. Unter 0ºC ist es damit allerdings vorbei. Isolierte Tanks auf Wagen halten zumindest für die manuelle Betankung der Tröge flüssiges Wasser bereit, bei großen Einheiten kann man mit den Tanks 2x täglich an den Gehegen entlang fahren und die Tröge befüllen. Nicht zu voll, sonst sind sie bald voller Eis und es gibt keinen Platz für flüssiges Wasser. Hier sieht man schon, dass Freilandhaltung von Schweinen auch einen Freilandarbeitsplatz für Menschen darstellt. Wer dazu keine Lust hat, sollte seine Schweine weiterhin im Stall halten.

Nitrat und Parasiten:
Schweine richten sich in ihrem Revier „Toiletten“ ein. Das ist praktisch für den Rest des Reviers, birgt aber die Gefahr des punktuell hohen Nährstoffeintrags.

Deshalb und auch wegen der steigenden Endoparasitenbelastung ist es sinnvoll die Gehege zu wechseln. Unsere Schweinhütten sind in einer 5-jährigen Fruchtfolge integriert: 3 Jahre Kleegras, ein Jahr Schweine, ein Jahr Kartoffeln. Vor den Kartoffeln muss planiert werden.

Die Tiere kommen so nur etwa alle 5 Jahre auf dasselbe Stück. Außerdem bekommen sie nicht die ganze Fläche auf einmal zugewiesen, sondern bleiben nur etwa 3 Monate auf einem Viertel der Fläche und wechseln dann.

Dennoch nehmen wir jedes Jahr Kotproben und müssen etwa 1x jährlich vor allem gegen Spulwürmer entwurmen.